Eigentlich sollte ich Trompeter werden-wenn es nach meinem Lübecker Trompeten-Lehrer gegangen wäre. Aber da war noch dieser immense Spaß am Spiel auf der Bühne, und der gewann die Oberhand.
Seitdem 35 Jahre am Theater, über 70 Partien in Oper, Operette, Musical. Viele Operetten in fünf und mehr Inszenierungen gesungen.
Manche Partien haben mich förmlich verfolgt. Wohin ich auch kam-der "Vogelhändler" war schon da und wartete auf mich. Vor 35 Jahren zum ersten Mal als Stanislaus auf der Freilichtbühne Berlin-Rehbergen. Ein Jahr später ebenfalls Stanislaus im Berliner Theater des Westens, en suite, 250 Mal. Morgens Studium an der Hochschule, abends auf der Bühne. Dann feste Engagements in Lüneburg (1971), Osnabrück(1972) Regensburg (1975), gleichzeitig
in St. Gallen -Stückverträge-.Und überall Stanislaus, niemals weniger als 40 Mal pro Inszenierung.
Erst in Krefeld-Mönchengladbach wurde dieser Kreis durchbrochen. Joachim Fontheim überredete mich 1980, den Adam zu singen. Ich sah mich nicht als raunzenden Typ in krachledernen Hosen, und als Hanseat fürchtete ich Probleme mit dem Dialekt. Aber Fontheim traute mir das zu-in vier Jahren Regensburg hatte ich die bayerische Mundart gelernt. Und so sang ich hier den Adam bayerisch gefärbt mit hochdeutschen Dialogen.
Heute 24 Jahre später, bin ich froh, weder den ewigen Verführer Stanislaus noch den schuhplattelnden Adam singen zu müssen. Wie schön , wenn das Theater seinen Sängern ermöglicht, sich altersgemäß zu entwickeln. Und so spiele ich jetzt den Baron Webs - den Drahtzieher der verwickelten Geschichte, mit verdammt viel Spaß.
Die "Leichte Muse" kann gar nicht ernst genug genommen werden.
Der legendäre Charly Schneider, bis 1980 Kapellmeister an den Bühnen Krefeld-Mönchengladbach, weigerte sich den Taktstock zu heben, wenn das Orchester nicht mit mindestens 10 ersten Geigen besetzt war. Das klang einfach toll, und der Erfolg gab Schneider recht (er wurde Kapellmeister in Zürich)
So muß Operette sein. Inszenierungen mit der "linken Hand" bringen selbst die besten Sücke um. In meinen ersten Berufsjahren gab es überwiegend Intendanten, die der Sparte Operette Priorität einräumten-hoch besetzt mit besten Sängern,großem Orchester. Spaß für Augen und Ohren, ein Märchen für Erwachsene sollte die Operette bleiben. Wenn sie zum notwendigen Kulturübel wird, zum Köder für die Abonennten, geht sie kaputt.
Das Publikum ist nicht dumm. Es merkt, wenn ein Stück nur abgezogen wird. Es dürfte aber gern auch noch kritischer sein.Die Besucher sollten Perfektion verlangen.Sollten kritisieren, wenn Texte nicht zu verstehen sind oder wenn das Orchester bei der 35. Vorstellung nicht ebenso gut spielt wie bei der Premiere. Nur gleichbleibende
Qualität sichert ausverkaufte Häuser !
Ich bin glücklich, dass ich in Krefeld-Mönchengladbach
auf den Weg ins Charakterfach gebracht wurde. Mein alter Lehrer , Kammersänger Helmut Melchert, Charaktertenor an der Hamburger Staatsoper, versuchte schon 1970 mein Interesse an der modernen Oper zu wecken. Mit einer gewissen Spätzündung ist ihm das gelungen, das merke ich hier seit einigen Jahren-vor allem dank GMD Anthony Bramall, der mich nicht nur als reinen Operettentenor sah. Es begann mit der Hexe in "Hänsel und Gretel", ging über zu Bob Boles in "Peter Grimes", begeisterte mich in "Wozzeck" (Tambourmajor) oder als Aegisth in "Elektra" und Bergsteiger in Henzes "Elegie für junge Liebende", den Kaiser Wilhem 2, und Bürgermeister, in F.Cerhas "Der Riese vom Steinfeld" und sicherlich noch weitere interessant Aufgaben.