Oskar Sala (1910-2002) war ein legendärer Pionier der elektronischen Musik. Zusammen mit Friedrich Trautwein entwickelte er ab 1930 an der Berliner Rundfunkversuchsanstalt das Trautonium. Die Rundfunkversuchsanstalt befand sich im Dachgeschoss der Berliner Musikhochschule (heute Fasanenstr. 1B, 10623 Berlin).
Das Trautonium erzeugt Töne mit Hilfe einer mit Widerstandsdraht umwickelten Saite, die vom Musiker auf eine Metallschiene gedrückt wird. Die Saite bildet einen veränderlichen Widerstand und lädt einen Kondensator auf. Parallel zum Kondensator ist eine Glimmlampe geschaltet. Wenn die Zündspannung der Glimmlampe erreicht ist, entlädt sich der Kondensator und produziert eine Sägezahnschwingung.
Die Länge der Saite bestimmt den Widerstandswert und somit auch die Tonhöhe. Die Saite schwingt dabei nicht, sie wird nur auf die Metallschiene gedrückt.
Oskar Sala entwickelte das Trautonium und seine Virtuosität auf dem Instrument ständig weiter. Im zweiten Weltkrieg hatte er eine eigene Rundfunksendung, wurde aber noch in den letzten Kriegs-Monaten zum Militärdienst eingezogen und überlebte nur, weil er sich bei einer Silvesterfeier 1944 an seinem zerbrochenen Bierglas verletzte und von der Front ins Lazarett verlegt wurde (siehe Autograph von Oskar Sala).
Nach dem Krieg machte Sala Karriere. Seine Trautonium-Kompositionen für Dokumentar- und Industriefilme wurden preisgekrönt, seine Musiken für Alfred Hitchcocks Film Die Vögel oder Edgar-Wallace-Verfilmungen wie Der Fluch der gelben Schlange machten ihn bekannt.
Ich wurde durch Artikel bzw. Interviews in den Berliner Stadtmagazinen Zitty (20/1990) und tip (19/1993) auf Oskar Sala aufmerksam. Sala entwickelte sein Trautonium in der Rundfunkversuchsstelle, die sich unter dem Dach in der Berliner Musikhochschule befand. Dort hatte ich im Fachbereich Tonmeister studiert und unsere Abteilung nutzte sogar die Räumlichkeiten der alten Rundfunkversuchsstelle, wo Oskar Sala das Trautonium entwickelte. Witzigerweise trug der erste Artikel, den ich über Sala gelesen hatte auch die Überschrift „Der Tonmeister Oskar Sala“ (geschrieben von Johannes Waechter für die Zitty).
Den Kieler Professoren Volkmar Helbig und Gerd Pfister verdanke ich meine erste Begegnung mit Oskar Sala. Zusammen mit ihrer Studentengruppe konnte ich Sala in seinem Studio in der Berliner Heerstraße besuchen (siehe Foto). Er erklärte uns sein Instrument, erzählte Anekdoten und spielte das Trautonium umgeben von hunderten von Tonbandkartons und alten Telefunken-Bandmaschinen.
Weil ich 1997 auch als Fernsehjournalist für einen Berliner Privatsender arbeitete, wollte ich gerne einen TV-Beitrag über Sala realisieren. Meine Redaktionsleiterin Martina Conradt konnte ich schnell davon überzeugen, dass Sala und sein Trautonium ein interessantes Thema wäre, maximal fünf Minuten durfte der Beitrag werden. Jetzt mußte ich nur noch Sala anrufen, damit er für Interview und Dreharbeiten zur Verfügung stand.
Der Anruf wurde eines der längsten Telefonate, das ich je führte und endete kurz bevor der Akku meines schnurlosen Telefons den Geist aufgab. Im Prinzip wollte Sala für die Dreharbeiten gerne zur Verfügung stehen, aber weil er damals fast 90 Jahre alt war und viel zu erzählen hatte, wünschte er sich einen längeren Filmbeitrag, er dachte an 90 Minuten. Natürlich hatte er recht. Ein fünf Minuten Beitrag konnte seinem Leben nicht gerecht werden. Also versprach ich, irgendwann wieder anzurufen, wenn ich den Auftrag für eine 90 Minuten Doku hatte.
Ich versuchte dann später, die TV-Produktionsfirma EuroArts für Oskar Sala und sein Trautonium zu begeistern. Immerhin hatte ich als Autor und Regisseur schon Musikdokus für EuroArts realisiert, aber die Leitung von EuroArts konnte die Bedeutung von Sala leider nicht richtig einschätzen und so verschwand mein Exposé in der Schublade der unrealisierten Projekte.
Das letzte Instrument Salas, das sogenannte Mixturtrautonium, steht heute im Berliner Musikinstrumenten-Museum (siehe Foto).